Das Fernseh-Turnier - Zuschauermangel bei der U21-EM 11FREUNDE

Posted by Martina Birk on Sunday, November 10, 2024

Gerd weiß es auch nicht so genau. Der 41-Jäh­rige aus der Rhön steht am Olmützer Bahnhof und sieht ein wenig ratlos den Bahn­steig hin­unter. Ist doch ein tolles Spiel“, sagt Gerd und seine Kum­pels stimmen ein. Auch Olmütz sei schön, Prag ja eh, warum so wenige Zuschauer zu den Spielen ins Sta­dion gehen, sei ihm schlei­er­haft.

Gerd ist Fuß­ballfan seit er klein ist, ange­steckt von seinem Vater, der ihn nach dem Sieg­tor­schützen des WM-Finals 1974 benannte. Gerd fährt oft zum Fuß­ball, meis­tens Bun­des­liga, manchmal Län­der­spiele. Aber auch Gerd ist, wenn man so will, eher zufällig hier. Mit unserem Freun­des­kreis haben wir in den letzten Jahren immer einen Jung­ge­sel­len­ab­schied gehabt. Aber jetzt gibt es keinen Jung­ge­sellen mehr. Weg­fahren wollten wir trotzdem. Also haben wir uns am Freitag in den Bus gesetzt. Und das Spiel ist ja wirk­lich viel­ver­spre­chend.“

Spit­zen­fuß­baller zum kleinen Preis

Da würden ihm wahr­schein­lich die meisten Fuß­ball­fans zustimmen. Die deut­sche U21 hat ein Team, das gespickt ist mit Stamm­spie­lern der Bun­des­liga. Der Gegner aus Por­tugal muss sich davor nicht ver­ste­cken. Viele dieser Jungs wird man in den nächsten Jahren inter­na­tional spielen sehen, Cham­pions League, Europa- und Welt­meis­ter­schaften. Bei der U21-EM sieht man Spit­zen­fuß­baller zum kleinen Preis, Stars in the making. Die Uefa weiß das und even­ti­siert die EM bis ins Kleinste. Ein Fan-Fest, proudly brought to you by, Gratis-Klatsch­pappen vom Bier­sponsor, Musik­be­schal­lung aller­orten. Die U21-End­runde ist kein Jugend­tur­nier mehr. Wir wollen die Sta­dien füllen“, sagte Petr Fousek, der Chef des lokalen Orga­ni­sa­ti­ons­ko­mi­tees bereist vor einem halben Jahr, als wahr­schein­lich die ersten Klatsch­pappen in die Fer­ti­gung gingen. Bei den Fans aber scheint sein Wunsch indes nicht ange­kommen.

Fuß­ball, wie er sein sollte. Wäre da nicht der Uefa-DJ

Zwei­ein­halb Stunden vor Spiel­be­ginn steht Pawel alleine vor den vier Ticket­häus­chen und löst eine Karte. Der Mitt­fünf­ziger wohnt in Olmütz und hat das gesamte Tur­nier ver­folgt. Karten hat er immer bekommen, pro­blemlos. In ihrer Frei­zeit fahren die Tsche­chen lieber in die Natur“, sagt er und lüftet sein Tot­tenham-Käppi, um sich an der Stirn zu kratzen. Vor allem am Wochen­ende. Viele haben kleine Gärten außer­halb, oder gar Feri­en­woh­nungen im Grünen“, sagt er. Auf die Frage, warum er dann hier sei, lacht er. Ich habe leider keine Feri­en­woh­nung. Aber dafür habe ich Harry Kane spielen sehen, auch wenn er schlecht war. Und heute sehe ich Emre Can.“

In Deutsch­land sehen am Abend meh­rere Mil­lionen Men­schen Emre Can und sein Team spielen. Die ARD über­trägt zur besten Sen­de­zeit, das letzte Grup­pen­spiel gegen Tsche­chien ver­folgten fast sieben Mil­lionen Zuschauer. Vor Ort aber sind nur wenige. Dabei wäre ein Wochen­end­aus­flug nach Prag und weiter nach Olmütz absolut loh­nens­wert.

Die Regio­nal­bahn fährt vorbei an einer male­ri­schen Land­schaft, am Ende der Fahrt wartet das win­zige Sta­dion von Sigma Olmütz. 13.000 Men­schen passen hinein, in Deutsch­land würde es viel­leicht einen Dritt­li­gisten beher­bergen. Die Kurve hinter dem Heimtor ist wun­der­schön geschwungen, zwi­schen den vier Blö­cken stehen majes­tä­ti­sche Flut­licht­masten, dahinter kann man die Straßen von Olmütz sehen. Alles ist klein und nah, der Rasen ein Tep­pich. Das wäre Fuß­ball, wie er sein sollte, wäre da nicht der unbarm­her­zige Uefa-DJ, der das Rund mit fiesen Tech­no­klängen zumüllt.

ncG1vNJzZmhpYZu%2FpsHNnZxnnJVkrrPAyKScpWeUlsBussSrpaydmGLBtr7NopyrZ2RugXmEkA%3D%3D