BSG Stahl Eisenhttenstadt - Das Schicksal der 11FREUNDE

Posted by Barrett Giampaolo on Sunday, November 24, 2024

BSG Stahl Eisen­hüt­ten­stadt / EFC Stahl 
Platz 9 / 26:26 Punkte / 29:25

Die BSGen, die Betriebs­sport­ge­mein­schaften, hatten es nicht sehr leicht im Ost-Fuß­ball. Sie waren die Stief­kinder des Leis­tungs­fuß­balls und bil­deten die untere Kaste einer Pri­vi­le­gi­en­py­ra­mide. Es galt, mit den Spie­lern zu leben, die als nicht gut genug für die Schwer­punkt­klubs, jene mit dem Kürzel »FC«, befunden wurden. Ein schweres Los, das die sport­liche Ent­wick­lung der BSGen ent­schei­dend behin­derte. Und das, obwohl hinter diesen Teams oft­mals finanz­starke Trä­ger­be­triebe steckten.

Wie das Ener­gie­kom­binat Ost (EKO), das größte Stahl­werk der DDR. Nur zu gerne hätte EKO erfolg­rei­chen Fuß­ball an der Oder finan­ziert. In Eisen­hüt­ten­stadt, in »Hütte«, in »Schrott­gorod«, einer Vor­zei­ge­stadt der DDR, einer Reiß­brett­sied­lung, die um das Stahl­werk herum errichtet wurde. Ein Wolfs­burg im Osten. Eine Stadt zum Werk. Doch anders als in Wolfs­burg ließ sich sport­li­cher Erfolg in der DDR nicht ein­fach so kaufen. Geld war zwar nicht unwichtig, doch es ging viel mehr um Kon­takte, Pri­vi­li­gien, Ein­flüsse, um die Nähe zur Macht. Als EKO Ende der Sech­ziger Jahre ver­suchte, seinen Verein über Gebühr zu ali­men­tieren, schritt der Ver­band ein und »Hütte« wurde in die dritt­klas­sige Bezirks­liga zwans­re­le­giert. Banaler Grund: zu hohe Zah­lungen an Spieler und Trainer. Auf­ge­bauscht zu einem Skandal um den Miß­brauch von Volks­ei­gentum.

Eine Vor­zei­ge­stadt der DDR, eine Reiß­brett­sied­lung

Ein Exempel, das die den BSGen zuge­dachte Aschen­put­tel­rolle mani­fes­tierte. Erst 1989 stieg Stahl wieder in die Ober­liga auf und fei­erte dort wegen des bes­seren Tor­ver­hält­nisses den Klas­sen­er­halt. Inzwi­schen war aus der BSG der EFC Stahl geworden, aus­ge­glie­dert aus dem Stahl­werk, das aber Haupt­sponsor blieb. Nur leider hatte auch EKO, nun unter der Fuchtel der Treu­hand, mit der Wende zu kämpfen und konnte nicht so hem­mungslos in die Mann­schaft inves­tieren, wie man es jahr­zehn­te­lang gerne getan hätte. Ironie der Geschichte. 

Ein dicker Fisch ging »Hütte« trotzdem ins Netz. Bodo Rud­waleit, ehe­ma­lige Natio­nal­tor­wart und zehn­fa­cher DDR-Meister, wurde beim BFC Dynamo aus­ge­mus­tert und schloss sich 1990 dem EFC an. Doch auch mit dem pro­mi­nenten Mann zwi­schen den Pfosten spielte Stahl nur eine mäßige Saison. Zumin­dest in der Liga, die man als Neunter been­dete, im Pokal jedoch war erst im Finale Fei­er­abend. Zum Glück ging es dort gegen den Meister in Ros­tock, der das End­spiel letzt­lich gewann, und so war schon vor dem Spiel klar, dass »Hütte« erst­mals in den Euro­pa­pokal ein­ziehen würde. 

»Hütte« im Euro­pacup

Ein schönes Bonbon zwar, aber wirk­lich wichtig war die abschlie­ßende Rele­ga­tion, in der die letzten zwei Ost-Teil­nehmer für die 2. Bun­des­liga ermit­telt wurden. Auf »Hüttes« Kosten tri­um­phierte dort aller­dings Lok Leipzig, das kurz darauf zum VfB wurde. Stahl stand plötz­lich zwi­schen den Welten. Euro­pa­pokal und DFB-Supercup auf der einen, dritte Liga auf der anderen Seite. Ein Verein zwi­schen Höhe­punkt und Bedeu­tungs­lo­sig­keit. Die Aus­flüge in den großen Fuß­ball waren schnell erle­digt, im Supercup-Halb­fi­nale war der Pokal­sieger West, Werder Bremen, eine Nummer zu groß, inter­na­tional Gala­ta­saray Istanbul. Nun hieß es Ober­liga Nordost, unauf­fällig cru­iste »Hütte« durch die Liga, riss zwar keine Bäume aus, hielt sich vom Tabel­len­keller aber fern. 1994 gelang die Qua­li­fi­ka­tion für die Regio­nal­liga Nordost, die zu einem Sam­mel­be­cken von Ver­einen aus der DDR-Ober­liga wurde. Geführt vom knur­rigen Trainer Harry Rath konnte sich Stahl dort eta­blieren und wurde 1998 sogar Dritter, lan­dete meist aber unauf­ge­regt im Mit­tel­feld. Rath ist das Gesicht des Ver­eins, Trainer, Manager, Scout, zur Not auch Geschäfts­stel­len­leiter, Rath ist der EFC.

1999 jedoch nahm er seinen Hut, 22 nicht gewonnen Spiele in Folge waren ihm zu viel. Infolge dieser verhhe­renden Bilanz stieg Stahl aus der Regio­nal­liga ab, blieb den­noch drin, denn am am Grünen Tisch wurde dem Span­dauer SV die wirt­schaft­liche Über­le­bens­fä­hig­keit in der Regio­nal­liga abge­spro­chen. »Hüttes« Abstieg schob das aber nur auf, denn die Qua­li­fi­ka­tion für die zwei­glei­sige Regio­nal­liga im Jahre 2000 gelang nicht. Aber wenigs­tens kehrte Rath zurück, der zum Verein gehört wie das Stahl­werk zur Stadt. Zum Verein gehört aber auch eine gewisse Unauf­fäl­lig­keit, denn wie in den Jahr­zehnten davor, spielte Stahl auch in der nun viert­klas­sigen Ober­liga jen­seits von gut und böse, lan­dete stets im Nie­mands­land der Liga.

Dieser Verein braucht die Unauf­fäl­lig­keit

Die Sprung in die Sport­schau schaffte Stahl trotzdem und hatte dies seinem Stürmer Norman Elsner zu ver­danken. Am 9. März 2004 ver­senkte Elsner vier Sekunden nach dem Anpfiff einen Schuss von der Mit­tel­linie – Tor des Monats! Kurz darauf gingen die Lichter aber aus. Das böse Insol­venz­ge­spenst griff nach Stahl. Zwangs­ab­stieg. Neu­aufbau in der Ver­bands­liga Bran­den­burg. 2007 gar der Abstieg in die Lan­des­liga, der aller­dings umge­hend wett­ge­macht wurde. Nun heisst es wieder Ver­bands­liga, wie auch für die ehe­ma­ligen DDR-Ober­liga-Kon­kur­renten Stahl Bran­den­burg und Vik­toria Frank­furt.

Und Harry Rath? Der ist immer noch da. 

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